Zwei Schwestern, ein Kreuzfahrtschiff, schöne Kulissen und Kleider und einige unschöne Todesfälle: High Seas (im Original Alta Mar) ist eine spanische Netflix-Originalproduktion, bei der das Zusehen einfach Spaß macht.
Die beiden Schwestern Carolina (Alejandra Onieva) und Eva (Ivana Baquero) befinden sich Ende der 40er Jahre auf einem Kreuzfahrtschiff Richtung Südamerika. Der Clou an der Sache: Ihr Ticket ist One-Way. Carolina wird an Bord den Schiffsbesitzer Fernando (Eloy Azorín) heiraten und Eva will ihren Roman endlich fertig schreiben. Die beiden Töchter eines Schuh-Imperiums haben vor einiger Zeit ihren Vater bei einem schrecklichen Unfall verloren und versuchen nun die Vergangenheit hinter sich zu lassen und wollen in Südamerika ganz neu beginnen.
Doch das klappt nicht so ganz. Zuerst stolpert den beiden eine blinde Passagierin (Manuela Vellés) vor die Füße, nur um dann wenige Stunden später vor Evas Augen von Bord zu fallen. Als sich immer mehr vermeintliche Unfälle aneinanderreihen, beginnen die Schwestern die Ermittlungen selbst in die behandschuhten Hände zu nehmen. Doch nach kurzer Zeit ist alles so verworren, dass weder dem Zuschauenden noch den beiden Schwestern mehr klar ist, wer hier eigentlich gut und wer böse ist.
Der ein oder andere Stereotyp und Cliffhanger zu viel
Die Rollen der beiden Hauptfiguren sind klassisch verteilt: Eva ist die aufmüpfige, Carolina die vernünftigere und ruhigere. Beide sind dabei sympathisch, nerven manchmal aber auch. Ab und zu werden sie nämlich dann doch wieder sehr in den weiblichen Stereotypen gepresst: sich kümmern, heulen und immer wieder in die Arme des starken Mannes flüchten. Dabei sehen sie natürlich immer blendend aus. Ein witziger Bruch dazu, ist eine Szene in der Carolina völlig verheult und derangiert einen sehr wichtigen Moment in ihrem Leben erlebt.
Die 2019 veröffentlichte Serie baut zwischendurch immer wieder an Spannung auf, hat aber auch ihre etwas lang gezogenen Momente. So ziemlich jede Folge hat einen Cliffhanger, was das Binge-Watching fördert – manchmal aber auch etwas gewollt wirkt. Der Krimi-Stil der Serie und die immer wieder wechselnden Verdachtsmomente erinnern an alte Agatha-Christie-Verfilmungen. Etwas mehr Skurrilität hätten sich die beiden Drehbuchautoren Ramón Campos und Gema R. Neira (die beide auch bei “Die Telefonistinnen” mitschrieben) jedoch ruhig zutrauen können. So geht der Kriminalfilm-Charme doch manchmal flöten. Doch auch wenn die Spannung ab und zu nachlässt, die Serie bietet immer etwas fürs Auge. Die Kostüme sind schön gewählt und auch die luxuriöse Kulisse der ersten Klasse und die weniger schicke Dienstboten-Abteilung sind mit Liebe zum Detail ausgestattet.
Zu viele Figuren und ein dramatisches Finale
Sehr detailreich ausgestattet sind bei High Seas auch die Nebenfiguren. Davon gibt es nämlich massig und sie alle haben ihre eigene kleine, feine Storyline. Die hat nur leider manchmal absolut gar nichts mit der Haupthandlung zu tun – auch nicht nach Auflösung aller Mysterien. Das schmückt die Serie zwar nett aus, könnte aber auch etwas reduziert werden – zu groß ist die Gefahr, dass man als Zuschauender den Überblick verliert.
Das Finale der ersten Staffel, die acht Folgen à ca. 45 Minuten umfasst, ist dann doch sehr dramatisch und brutal – Cliffhanger natürlich inklusive. So darf sich, wer inzwischen Fan ist, wohl auf eine Fortsetzung freuen. Schließlich ist das Kreuzfahrtschiff auch noch nicht in Südamerika angekommen. Inzwischen wurde bekannt gegeben, dass es auch noch eine zweite Staffel geben wird.

Zum Trailer: https://youtu.be/N_s48PKCmA8