Gar nicht so romantisch – Miss Austen Regrets

Jane Austen wird immer noch gerne gelesen, verfilmt und zitiert. Doch über ihr Leben ist wenig bekannt.

„Es ist eine unumstößliche Tatsache, dass ein allein stehender Mann mit Vermögen dringend eine Ehefrau braucht“, ist ein ein gerne zitierter Satz der Schriftstellerin Jane Austen.

Tja, der lieben Jane sind einige reiche Männer über den Weg gelaufen und trotzdem ist sie zu Beginn des Films „Miss Austen Regrets“ von Regisseur Jeremy Lovering immer noch Single.  Und das als Frau, die bereits in ihren 40er ist, eine ganz schöne Schande also – vor allem Anfang des 19. Jahrhunderts. Genauso ungewöhnlich ist es, dass Jane bereits einige Bücher veröffentlicht hat und damit (wenn auch recht wenig) Geld verdient.

Ihre jugendliche Nichte Fanny (Imogen Poots) bittet sie um  Rat bei der Partnerwahl. Jane (Olivia Williams) ist ihr einziges weibliches Vorbild und Fanny hält sie aufgrund ihrer Romane für allwissend, was die Liebe angeht. Der Film begleitet Jane Austen über einige Episoden in ihrem Leben. Wie damals üblich, verbringt sie als unverheiratete Frau ihre Zeit damit, ihre Familie an den verschiedenen Wohnorten zu besuchen. Dabei ist sie durch ihre wortgewandte und sehr offensive Art der Mittelpunkt vieler Gesellschaften. Einige Männer verehren sie, nicht nur aufgrund ihrer Bücher. Warum ist die Frau dann verdammt nochmal nicht verheiratet? An Heiratsanträgen hat es ihr wirklich nicht gemangelt. Ausgeschlagen hat sie allerdings alle. Aus fehlender Liebe oder auch aus finanziellen Bedenken. Der Film macht keine Rücksprünge und somit erhält man diese Informationen nur in den (zahlreichen) Gesprächen. Denn eins wird in diesem Film ziemlich viel, nämlich geredet.

Ärger bei Familie Austen

Jane berät ihre Nichte also mehr oder weniger erfolgreich in Männerfragen und schreibt ansonsten weiter an ihren Romanen. Als ihre Brüder die Familie in finanzielle Schwierigkeiten bringen, kritisiert Janes Mutter sie immer mehr für ihr Singledasein. Mit einer guten Partie in ihrer Jugend, hätte sie die Familie vor dem Ruin bewahren können. Jetzt ist an so etwas nicht mehr zu denken, schließlich ist Jane weit über 40. Sie wird im letzten Teil des Filmes immer kränker und stirbt schließlich. Wer jetzt über Spoiler klagt: die Frau lebte im 19 Jahrhundert, tot wäre sie so oder so.

Eine schlaue Labertasche

Der Film (90 Minuten) wurde 2008 für den englischen Fernsehsender BBC produziert, dieser hat auch fast alle von Jane Austens Romanen verfilmt. So ist es nicht verwunderlich, dass „Miss Austen Regrets“ oft daherkommt wie eine der Verfilmungen ihrer Romane. Tolle Aufnahmen aus englischen Gärten und Anwesen, gewürzt mit viel witzigem aber auch kitschigem Dialog. Der große Unterschied: hier gibt es kein Ende gut, alles gut. Anders als in weiteren Verfilmungen oder Biographien wird das Bild der Schriftstellerin nicht (ganz so) maßlos verklärt und romantisiert. Jane Austen wird als intelligente und ihrer Zeit vorauseilende Frau porträtiert und genau so habe ich sie mir vorgestellt.

Wer 500 Reclamseiten über eine sich innerhalb eines Jahres entwickelnde Liebesbeziehung schreiben kann, muss viel reden können. Die Dialoge sind sehr unterhaltsam anzuschauen und anzuhören, können für Nicht-Jane-Austen-Fans aber sehr anstrengend sein. Als Jane Austen immer kränker wird, sieht sie – auf gut Deutsch gesagt – richtig scheiße aus und auch die negativen Eigenarten ihrer Persönlichkeit werden hier nicht ausgenommen. Sie befindet sich ihr Leben lang im Zwiespalt. Einerseits versucht sie sich von dem vorgegebenen Frauenbild loszusagen, andererseits möchte sie ihm an einigen  Stellen doch gerecht werden. Dass sie ihre Entscheidungen an manchen Tagen auch bereut haben mag, zeigt dieser Film genauso gut wie er die Gründe für ihr Handeln beleuchtet.

Bloß kein Mitleid mit Jane Austen

Leider passiert genau das, was sie wohl am wenigsten gewollt hätte, ich habe Mitleid mit ihr. Nur ein paar Minuten später fühle ich mich ertappt, als Jane ihre Nichte anherrscht: „Wage es ja nicht Mitleid mit mir zu haben.“ Okay, gecheckt. Jane Austen braucht keinen Mann und kein Mitleid. Geld und neu entwickelte Medizin, wäre dann allerdings dann doch ganz nett gewesen. An einigen Stellen ertönt Janes Stimme aus dem Off, es werden ihre Bücher, Briefe und Tagebucheinträge passend zur Filmhandlung zitiert. Genau diese Briefe werden nach Janes Tod von ihrer Schwester und engsten Vertrauten Cassandra verbrannt. Eine (wenn auch erfundene) sehr gute Erklärung, warum wir heute so wenig über Englands bekannteste Schriftstellerin wissen.

Bewertung Miss Austen regrets

Hier findet ihr den Trailer: https://youtu.be/uTMtWyUMsJU