Gleich mal im Voraus: die Drei Titelgeberinnen haben keine geheime Tagebuch-Songzeilen-Politik-Jura-Connection – auch wenn einen das der vollständige deutsche Buchtitel (Powerfrauen – Was Beyoncé mit Michelle Obama und Anne Frank verbindet) vielleicht Glauben machen möchte.
Autorin Kate Hodges hat in ihrem Buch auf knapp 190 Seiten die Lebensgeschichte von über 80 Frauen zusammengetragen. Manche Namen sind uns mehr als geläufig – so wie die titelgebenden – manche sind vielleicht eine spannende Neuentdeckung. Mir völlig unbekannt waren beispielsweise Anita Garibaldi (brasilianische Freiheitskämpferin) oder Mae Jemison (Raumfahrerin). Die Autorin Kate Hodges ist eine britische Journalistin und “Powerfrauen” ist ihr viertes Buch.
Vielfalt Fehlanzeige
Im Übrigen trägt das englische Original einen weniger nach Aufmerksamkeit heischenden Titel. Es heißt schlicht und einfach „I know a woman. Inspiring connections of the women who have shaped our world.” Und ich muss sagen, das gefällt mir ein bisschen besser. Aber gut, wenn es sich mit Michelle Obama besser verkaufen lässt, auch okay. Denn der Inhalt dieses Buches ist toll und inspirierend. Es geht um Frauenrechtlerinnen, Musikerinnen, Schauspielerinnen, Designerinnen, Politikerinnen aus verschiedenen Jahrhunderten und vielen Ecken der Welt.
Dabei wären jedoch noch ein paar weitere Geschichten von Frauen aus Asien und Afrika wünschenswert gewesen. Das Buch ist in dieser Hinsicht doch sehr amerika- und europazentriert. Lediglich Irina Gandhi (Indiens ehemalige Premierministerin) und Malala Yousafzai (Aktivistin aus Pakistan) sind einige Seiten gewidmet. Vom afrikanischen Kontinent erfahren wir nur von der Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adiche, die über Menschen in ihrem Heimatland Nigeria und auch über Feminismus schreibt. Sie lebt aber eben auch bereits seit vielen Jahren in den USA und publiziert auf Englisch.
Den intersektionalen Feminismus (weiterführende Infos bei UN Women) greift Hodges übrigens auch selbst im Kapitel über die Frauenrechtlerin Soujourner Truth auf. Hätte sie mal lieber selbst darauf geachtet und mehr Geschichten von Indigenen Frauen, Asiatischen und Afrikanische und von Frauen mit Behinderung erzählt. To be fair: Hodges erzählt an einigen Stellen über die Geschichte und den Einfluss von People of Color in den USA. Trotzdem wäre im Buch ein bisschen mehr Vielfalt wichtig gewesen.
Die Illustrationen machen das Buch aus
Ich bezeichne “Powerfrauen” (wbg Theiss Verlag) hier übrigens bewusst als Bilderbuch, denn es lebt von den wunderschönen Illustrationen, die von der Amerikanerin Sarah Papworth stammen. Papworth zeigt die Protagonistinnen kantig, speziell, bunt und oftmals ein wenig mürrisch schauend. Denn Frauen müssen nicht immer lieb lächeln – dürfen sie aber natürlich. Die Illustrationen machen das Buch wirklich sehenswert und zu einem Hingucker im Regal. Genau wie ein Geschichten- oder Bilderbuch animiert das Buch dazu, immer mal wieder einen Blick hineinzuwerfen, neue Geschichten zu lesen oder in bereits bekannten Geschichten noch ein Detail in der Illustration zu entdecken.

Die Texte über Eleanor Roosevelt, Maria Montessori und Angela Davis sind kurzweilig und informativ, an der ein oder anderen Stelle hätte es ein wenig länger sein dürfen. Dabei ist der Erzählstil innerhalb der Geschichte manchmal nicht ganz ausgereift. So irritiert es z. B. wenn im vorletzten Absatz des Kapitels Sylvia Pankhursts Tod und Begräbnis thematisiert wird und im letzten Teil dann nochmal ihre Jugend unter politischen Aktivist/-innen aufgegriffen wird. Oftmals dient dieser letzte Absatz der Verknüpfung zur Frau im folgenden Kapitel. Ein Kniff, der mich als Leserin wohl nochmal auf das unglaubliche Netzwerk der beschriebenen Frauen hinweisen soll. In diesem Fall ist das weniger subtil als eher ein fett gedruckter Hinweis mit drei Ausrufezeichen.
Powerfrauen-Netzwerk mit wenigen Knotenpunkten
Dabei sind die titelgebenden Verbindungen größtenteils nicht so ausgeprägt, wie man vielleicht denken mag. Der Titel vermittelt den Eindruck, dass hier geheime Bekanntschaften oder gar Freundschaften präsentiert werden. So liest man auf der Buchrückseite beispielsweise den Werbeclaim „Das heimliche Netzwerk berühmter Frauen“. Oftmals handelt es sich jedoch eher um Aspekte wie: „Haben sich einmal in Paris für 10 Minuten getroffen“ oder „Saß mal im Gefängnis, genau wie…“. Nur dass die beiden Damen weder im selben Land, noch im selben Jahrhundert inhaftiert waren. Das tut dem Inhalt des Buches jedoch keinen Abbruch, erscheint mir nur etwas gewollt.
Alle Frauen in diesem Buch sind auch ohne geheime Connections absolut erwähnenswert und ihre Geschichten sind erzählenswert. Viele von ihnen haben unsere Welt geprägt, indem sie z. B. die Frauenrechte (beide Pankhursts) vorantrieben oder alternative Pädagogikkonzepte (Maria Montessori) entwarfen. Manche prägen unseren Alltag auch weiterhin, indem sie sich politisch und gesellschaftlich einsetzen, wie beispielsweise Moderatorin und Unternehmerin Oprah Winfrey, die am heutigen Tag wohl besonders viel Aufmerksamkeit erhält.
“Powerfrauen” ist, trotz Schwächen, eine absolute Geschenkempfehlung (Danke Pi und Happy Birthday). Es macht Spaß, ist kurzweilig, interessant, wirklich schön und vermittelt ein gutes Gefühl – dabei fühlt es sich übrigens auch noch im haptischen Sinne gut an, Extra-Pluspunkt also.

Bei “Figuren” war ich aufgrund der fehlenden Vielfalt ein wenig kritischer.