Zwischen Laber-Promis und echten Leichen – Die Podcast-Welt

Neben Instagram und eigener TV-Show präsentieren sich viele Promis seit einiger Zeit auch in eigenen Podcasts. Und manch eine(r) darf dafür dann sogar auf Pro7 werben.

Die Auswahl bei Podcasts ist aber auch abseits der Promis fast so riesig, wie die Serienauswahl im Streamingbereich. Was mich bei meinen bisherigen Podcast-Hörversuchen oft genervt hat: zielloses Gelaber, mit ein paar halbgaren Jokes. Ich stelle euch fünf Formate vor, die es besser machen.

Vielleicht geht es euch aktuell ja auch so: Ich zumindest war in den letzten Wochen sehr viel zu Hause. Ich mache zu Hause Sport, ich verbringe meine Freizeit zu Hause und ich arbeite auch zu Hause. Und auch wenn Messenger und Videochats eine tolle Erfindung sind – manchmal fehlt mir dann doch der Austausch und Input von anderen. Das hat mich dazu gebracht, mich doch nochmal intensiver auf die Suche nach guten Podcasts zu machen.

1. Verurteilt

Keine Angst – das ist kein klassischer True Crime-Podcast. Gerichtsreporterin Heike Borufka und Podcaster Basti Red sprechen zwar über Kriminalfälle (nicht nur “Mordfälle”), das Hauptaugenmerk liegt aber auf der Gerichtsverhandlungen und den Urteilen. Dabei erklärt Heike Boruffka ganz nebenher wie der deutsche Rechtsstaat eigentlich funktioniert und warum uns Urteile auch unbefriedigt hinterlassen.

Basti Red übernimmt im Gespräch die Rolle des „Lehrlings“. Er fragt nach, zeigt sich begriffsstutzig und wird manchmal sauer. Und das macht er sehr, sehr gut. Die beiden führen ein Gespräch, das nicht glatt gebügelt ist, sie zanken sich und sie fallen sich ins Wort. Das macht beim Zuhören Spaß und hilft dabei, die oft komplizierten Hintergründe zumindest ansatzweise zu verstehen. Der Podcast zählt aktuell mehr als 20 Folgen (meist zwischen 45 und 65 Minuten) und wird für HR Info produziert. Hören kann man „Verurteilt“ überall wo es Podcasts gibt und das natürlich gratis.

2. 5 Minuten Harry Podcast

Für mich als Harry-Potter-Fan (You can’t take that away from me, JK) ein absolutes Highlight. Der Titel ist leicht missverständlich – die Podcast-Folgen sind weitaus länger als 5 Minuten. Youtube-Legende Coldmirror,  aka Kathrin Fricke aka Kathi, analysiert den Film „Harry Potter und der Stein den Weisen“ und zwar in fünfminütigen Abschnitten. Das kann dauern und ist noch lange nicht fertig. In der aktuellsten Folge begegnen Harry, Ron und Hermine dem Troll in der Mädchentoilette.

Coldmirror kennen viele vermutlich von ihrem Youtube-Hit „Harry Potter und ein Stein“ und ja, sie spricht immer noch so. Im Podcast kommentiert sie die Szenen lustig, ironisch und ein bisschen böse, sie spricht über die aller-trivialsten Fakten und lässt diese ziemlich spannend erscheinen. Wer wollte nicht schon immer mal wissen, woher McGonagalls Schottenrockkaromuster-Whatever kommt. Kathrin Fricke verbeißt sich dabei in kleine Details und erklärt mithilfe von aufwendigen Recherchen die Hintergründe zur Story, zu den Darsteller/-innen und zum gesamten Setting des Films. Inzwischen produziert Coldmirror den Podcast für funk, das Content-Netzwerk von ARD und ZDF. Auch diesen Podcast gibt es quasi überall und gratis.

3. Eine Stunde History

Manchmal interessieren mich dann doch auch Themen, die nicht ganz so trivial wie die aus dem vorangehenden Podcast sind und dann gibt es da ja zum Glück Deutschlandfunk Nova (*euphorische Jingle-Sprecherinnen-Stimme, die es irgendwie schafft, das “Deutschlandfunk Nova” tatsächlich cool klingt*). Die Podcasts sind dabei der Zusammenschnitt einer Radiosendung und dauern deshalb nicht wirklich eine Stunde, sondern meistens um die 40 Minuten.

In “Eine Stunde History” sprechen wechselweise Markus Dichmann und Meike Rosenplänter über den Prager Frühling, den Nordirland-Konflikt oder das Römische Reich. Dabei wird die “Geschichtsstunde” in eine Art Hörspiel verwandelt: Hintergrundgeräusche lassen die Geschichte lebendig werden, Zeitzeuginnen und Zeitzeugen kommen zu Wort und natürlich werden auch Expert/-innen befragt. Wissen und wichtige Zusammenhänge werden hier kompakt, verständlich und spannend vermittelt. Auch hierbei handelt es sich um ein öffentlich-rechtliches Format, das auf allen üblichen Plattformen zu hören ist.

4. Feuer und Brot

“Typischer Laber-Podcast” war das erste, was mir in den Sinn kam, als ich vor Kurzem auf “Feuer und Brot” gestoßen bin. Aber die zwei Freundinnen Maxi und Alice sprechen über wichtige Themen aus Politik, Gesellschaft und Popkultur, haben einen roten Faden für das Gespräch und zeigen sich dabei meinungsstark. Das ist spannend, die beiden zeigen verschiedene Blickwinkel auf und pulen auch mal mit dem Finger in der Wunde.

Ich muss als Hörerin nicht immer mit allem einverstanden sein, freu mich aber, den beiden zuzuhören und Aha-Momente mitzunehmen. Sprecherin und Schauspielerin Maximiliane Häcke und Journalistin und Autorin Alice Hasters kommen aus Köln und sind seit der Kindheit befreundet, was irgendwie auch das allererste ist, was man im Zusammenhang mit “Feuer und Brot” liest. Und tatsächlich fühle ich mich manchmal so, als würde ich mit den beiden am Küchentisch (oder auf der Couch) sitzen und dem Gespräch zuhören. Auch “Feuer und Brot” gibt’s eigentlich überall zu hören. Unterstützen kann man das Format über Patreon.

5. Mordlust

Bei Mordlust gehen die Journalistinnen Paulina Krasa und Laura Wohlers ganz ungeniert dem titelgebenden Thema nach. Pro Folge erzählen sich die beiden jeweils die Geschichte zu einem spektakulären Mordfall und sprechen über Tathergang, Urteil und Folgen. Dabei ist die Geschichte für die jeweils andere auch neu, was manchmal zu skurrilen Momenten führen kann.

Neben den Mordgeschichten bereiten die beiden auch immer ein kurzes Thema mit Hintergrundwissen aus dem Bereich Verbrechen, Rechtswesen etc. vor. Die Podcasterinnen sprechen ganz offen über ihre Faszination für True Crime, zeigen sich aber den Opfern gegenüber immer respektvoll und informieren im Podcast oder in der Beschreibung über Quellen, Hilfeseiten und weiterführende Infos. Manchmal ist der rote Faden etwas lost, doch das bekommen die Journalistinnen schnell wieder in den Griff. Produziert wird der Podcast für funk und ist somit auch wieder überall hör- und streambar.

Diese Podcasts sind alle keine Geheimtipps mehr, haben teilweise große Communities oder sind auch schon in der Top-Vorschlagsliste gelandet. Aber, was soll ich sagen, ich fand Mainstream sein schon immer okay. 😉