Basti ist in seinen frühen Dreißiger und lebt als verkannter Musiker in Deutschlands Hauptstadt Berlin. Für das diesjährige Weihnachtsfest fährt er in jedoch heim in die Eifel, um mit der Familie Weihnachten zu feiern.
In guter alter Corona-Manier zuckt man als Zuschauer/-in hier bei jedem Bussi und jedem Drücker zusammen. Gedreht wurde jedoch bereits im März diesen Jahres und veröffentlicht wurde der Dreiteiler (je 45 Minuten) dann im November.
Zurück zu Basti: Der kommt nichtsahnend in der Eifel an, nur um zu erfahren, dass sein jüngerer (und als Arzt – natürlich) erfolgreicher Bruder Niklas (Lucas Reiber) jetzt mit Fine (Christina do Rego) zusammen ist. Die ist blöderweise Bastis Exfreundin und er ist noch nicht so wirklich darüber hinweg.
Luke Mockridge ist Luke Mockridge
Doch der vorprogrammierte Bruderstreit ist nicht das einzige, was sich einem friedlichen Familienfest in den Weg stellt. Dazwischen liegen noch nervige Verwandte, fehlende Weihnachtsbäume und – ganz plakativ gesprochen – die Suche nach sich selbst. Denn auch wenn niemand von Bastis Misserfolgen in Berlin ahnt, fühlt sich der in seiner Rolle als cooler Klassenclown des Kaffs nicht mehr ganz so wohl. Und auch andere Geheimnisse drängen an die Oberfläche.
Fangen wir mal ganz positiv an: Es macht Spaß sich „Über Weihnachten“ anzuschauen. Die Minisserie hat die passende Spiellänge, denn es wird weder langweilig, noch hat man das Gefühl, dass zu viel Stoff hineingepackt wird. Auch wenn Basti stark an Luke Mockridges Gute-Laune-Bühnen-Alter-Ego Luke Mockridge erinnert, ist er in seiner Hauptrolle sympathisch und man folgt ihm gerne durch die Geschichte.
Die Serie kann sich nicht entscheiden
Leider muss ich jedoch sagen, dass die Rollen sehr klischeehaft verteilt sind. Der Musiker ist natürlich erfolglos, der Arzt extrem erfolgreich. Die (Ex-)Freundin ist da und nett und verständnisvoll, aber was genau macht sie nochmal? Irgendwas mit BWL halt. Auch das (alte) “entfant terrible”, Oma Hilde, ist eine Rolle, wie wir sie schon allzu oft im deutschen TV gesehen haben. Oma Hilde ist frech und sagt, was ihr auf der Zunge liegt, sorgt dabei für einiges Entsetzen bei den Älteren, für Lacher bei den Jüngeren und hat trotzdem meist einen weisen Rat, den sie zum Besten geben kann. Das alles habe ich leider doch schon ein bisschen zu oft gesehen, um es wirklich gut zu finden.
Die Dialoge, die durchaus Witz haben, sind leider oftmals sehr hölzern und wirken ein bisschen zu sehr konzipiert. Möglicherweise scheint hier die Buchvorlage (laut Wikipedia „7 Kilo in 3 Tagen“ von Christian Huber) durch, doch das kann ich nicht wirklich beurteilen. Und dann stellt sich mir die große Frage: Was will mir diese Serie eigentlich erzählen? Ist es eine Serie über Brüder? Über Familie? Verantwortung? Über das Erwachsenwerden? Über Heimat? Irgendwie ist es leider von allem ein bisschen und deshalb von irgendetwas zu wenig.
Irgendwas mit Weihnachten
Die Miniserie kommt mir beliebig vor und dennoch macht genau das sie vermutlich erfolgreich. Ähnlich wie das Phänomen der deutschen Pop-Barden, denen sich Satiriker Jan Böhmermann in seinem Beitrag „Menschen, Leben, Tanzen, Welt“ widmete. Oh, gesungen wird natürlich auch. Denn Luke Mockridge kann nicht nur lustig sein, moderieren und schauspielern – er kann auch musizieren. Und nebenher ist er übrigens auch Koproduzent der Miniserie. Da fehlt zwar noch der Regieposten (in diesem Fall Tobi Baumann), aber Til Schweiger sollte sich vielleicht schon mal warm anziehen. Mockridge is coming.
Passend zum Genre „Irgendwas mit Weihnachten“ kommt die manchmal wirklich sehr, sehr plakative Darstellung der Ereignisse daher. Von deren Vorhersehbarkeit will ich erst gar nicht anfangen. Weihnachtlich geschmückte Fachwerkhäuser, schneebedeckte Straßen, kleine Kinder mit perfekt aussehenden Gebäckstücken in den behandschuhten Händen, die verzückt ein „Daumen hoch“ zeigen, wenn am Ende alles gut wird? Ja, all das bietet „Über Weihnachten“ zu Genüge. Und das ist schade, denn es ist einfach ein bisschen drüber. Wenn mein einziger Gedanke beim „großen Finale“ die Frage ist „Habe ich den Clip nicht schon mal bei Adobe als Stock Footage* gesehen?“, dann springt der Zauber von „Über Weihnachten“ leider nicht auf mich über. Das warme Gefühl, das Weihnachtsfilme – besonders Familien-Weihnachtsfilme – auslösen können, stellt sich einfach nicht wirklich ein.

* Stock Footage = vorproduziertes Material, das bestimmte Themen und Stimmungen darstellt. Kann online gekauft werden und wird z. B. in Werbespots und Musikvideos oftmals verwendet.
Hier findet ihr den Trailer zur Serie: https://youtu.be/JDM6EY9gr7w