Doch obwohl die Band in naher Zukunft wohl kein Comeback feiern wird, gehören zu ihrem Vermächtnis (ja, ich nenne es mal ganz pathetisch so) nicht nur vier grandiose Alben, sondern auch das Buch „Wir sind Helden – Informationen zu Touren und anderen Einzelteilen“.
Wenn ihr jetzt denkt: „Die ganze neue neue deutsche Welle in den 2000ern fand ich eh kacke. Und Juli und Wir sind Helden konnte ich nie auseinander halten!“ – Dann sei euch gesagt: das Buch lohnt sich auch als Nicht-Fan. (Und wer ernsthaft Probleme beim Auseinander-Halten von Juli und Wir sind Helden hatte, der stelle sich bitte vor, wie ich sehr tief seufzend den Kopf schüttle, dabei mitleidig gucke und mich dann an der Nase kratze.)
Blick hinter die Kulissen der Helden
In „Informationen zu Touren und anderen Einzelteilen“ geht es natürlich um die Entstehung und den Werdegang der Band. Da das Buch bereits 2008 im Fischer-Verlage erschien, endet es kurz nach Erscheinen des dritten Albums „Soundso“. Das Buch enthält jedoch keine ellenlangen autobiographischen Abhandlungen, sondern besteht aus vielen liebevoll zusammengetragenen Einzelteilen. Das sind Blogbeiträge von Sängerin Judith Holofernes, gemischt mit Fotos, Zeitungsartikeln und lustigen E-Mails. Einen großen Teil machen außerdem die Erzählungen der Beteiligten aus. Dazu gehören jedoch nicht nur die Bandmitglieder, sondern auch alle „hinter den Kulissen“. Das liest sich oftmals wie ein lustiges Gespräch unter Freunden, bei dem alle zu Wort, aber keiner zum Ende kommt.

Zusammengetragen und auf fast 400 Seiten geordnet haben all das Josef Winkler und Albert Koch – beide sind Musikjournalisten. Das Bandtagebuch – wenn man es so nennen will – fasst die Bandgeschichte zusammen und enthält doch so viel mehr. Nämlich alles was dazugehört. Wir erfahren, wie einzelne Crew-Mitglieder dazugekommen und wann und warum sie wieder gegangen sind. Wir hören zu wie Judith Holofernes in der Toilette versucht mit Aufwärmübungen ihre Stimme wieder versucht in Gang zu bringen, obwohl sie eigentlich krank ist. Und wir lesen, dass erstmal nicht alle „hipp, hipp, hurra“ geschrien haben, als die Frontsängerin mit dem Schlagzeuger zusammenkam. All diese Erfahrungen von Mark Tavassol, Jean-Michel Tourette, Polay Roy und Judith Holofernes sind witzig, herzerwärmend und oftmals auch ungeschönt (obwohl – wer weiß das schon) beschrieben.
Achtung, das Buch macht glücklich!
Auf manchen Seiten habe ich Tränen gelacht und obwohl ich das Buch ca. alle drei Jahre noch einmal von vorne lese, wird es nie langweilig. Denn auf den prall gefüllten Seiten findet man immer wieder neue Details. Ein Vorteil an den gesammelten, bereits damals geschriebenen Blogbeiträgen ist definitiv, dass das Buch extrem detailreich ist und ich fühle mich oftmals als wäre ich dabei gewesen. Traurigerweise habe ich es nie auf ein „Wir sind Helden“-Konzert geschafft, außer auf „Das Fest“ in Karlsruhe, aber das zählt nicht wirklich.
Der Schreibstil ist natürlich abwechslungsreich, wobei die längsten Passagen aus dem alten Blog der Band stammen, den Judith betreute. Das liest sich gut, denn die Künstlerin kann nicht nur Songtexte schreiben, sondern eben auch Geschichten erzählen.
Das Buch macht nicht nur Spaß, man merkt den Schreibenden den Spaß an der Sache auch an. Mich macht das Lesen von “Informationen zu Touren und anderen Einzelteilen” einfach immer wieder glücklich. Natürlich handelt es sich alles in allem immer noch um eine Art Fanbuch und dreckige Wäsche wird hier definitiv nicht gewaschen. Aber wer will auch schon etwas über dreckige Wäsche lesen?
